Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind dank ihrer Erfahrung kostbar für ein Unternehmen. Was aber, wenn die Leistungen von Arbeitnehmenden wenige Jahre vor der Pensionierung stark nachlassen und sie sich nicht mehr anpassen können oder wollen? Muss der Arbeitgeber dann die «Faust im Sack machen» und den unbelehrbaren Senior bis zur Pensionierung durchschleppen?
Das Schweizerische Arbeitsrecht geht vom Grundsatz der Kündigungsfreiheit aus. Unzulässig ist eine Kündigung jedoch, wenn sie aus bestimmten missbräuchlichen Gründen ausgesprochen wird. Gemeinsam ist diesen Gründen, dass die Ausübung des Kündigungsrechts als ungerecht empfunden wird.(1) Diese können sich auch in der Art und Weise, wie die Kündigung ausgesprochen wurde, zeigen.
Wann gilt ein Arbeitnehmer überhaupt als «älter»? Und ist eine Mindestzahl von Dienstjahren gefordert?
Diese Fragen können wie häufig im Recht nicht allgemein, sondern nur in Bezug auf den Einzelfall beurteilt werden.
Ein klarer Fall stellte die Kündigung eines Arbeitnehmers mit 44 Dienstjahren rund ein Jahr vor der Pensionierung dar, wobei auch die genauen Umstände eine Rolle spielten. Der Arbeitnehmer hatte sich zu Recht gegen Massnahmen zur Produktivitätssteigerung gewehrt.(2)
In einem anderen Fall wurde einem Arbeitnehmer nach 35 Dienstjahren im Alter von 59 Jahren gekündigt. Trotz zahlreicher Massnahmen hielt das Bundesgericht fest, dass aufgrund des fortgeschrittenen Alters und der langen Dienstzeit eine erhöhte arbeitgeberische Fürsorgepflicht hätte beachtet werden müssen. Allerdings war hier ein Burn-out vorausgegangen.(3)
Grundsätzlich haben ältere Arbeitnehmende Anspruch darauf, rechtzeitig über eine geplante Kündigung informiert und angehört zu werden. Der Arbeitgeber ist zudem verpflichtet, nach Lösungen zu suchen, um das Arbeitsverhältnis aufrecht zu erhalten.
Gleichzeitig muss festgehalten werden, dass kein absoluter Kündigungsschutz für diese Kategorie von Arbeitnehmenden besteht. Bei Arbeitnehmenden über 55 Jahren und einer Dienstzeit von deutlich über 10 Jahren ist in aller Regel Vorsicht geboten.
Was ist also zu beachten?
- Gründe für die Kündigung dürfen nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossen. Bei langjährigen Arbeitnehmern gilt eine erhöhte Fürsorgepflicht. Der Arbeitgeber muss rechtzeitig über die beabsichtigte Kündigung informieren und den Arbeitnehmenden anhören.
- Es sollte immer nach einer milderen Lösung gesucht werden. Wenn es solche Lösungen gibt oder gewisse Massnahmen bereits kommuniziert wurden, müssen sie auch umgesetzt werden. Erst wenn entsprechende Massnahmen erwiesenermassen erfolglos waren, darf zur Kündigung geschritten werden.
- Bei Fehlverhalten des Arbeitnehmenden muss dieser unbedingt mit den Vorwürfen konfrontiert werden. Bei gravierenden Verstössen muss eine Verwarnung mit Androhung der (fristlosen) Kündigung vorausgehen.
- Ein gute Dokumentation des Arbeitsverhältnisses, und zwar nicht erst in den letzten Monaten vor der Kündigung, sondern bereits in den Jahren davor, ist von grosser Bedeutung.